Dieser Post soll allen als Warnung dienen, die einen Rootserver gemietet haben. Es kann einem passieren, dass der Provider beschließt, daß die alte Hardware zuviel Strom frisst, und er die Server der Kunden virtualisieren möchte.
Zustimmung des Kunden
Ein normaler Provider würde dann einen Brief schreiben. Oder vielleicht auch eine Email. Dann auf Antwort warten, und wenn der Kunde sein OK gibt und vielleicht noch einen Terminwunsch äussern darf (nicht während der Produktpräsentation z.B.) wird die Migration durchgeführt oder auch nicht.
Alles andere ist eine einseitige Vertragsänderung die unmittelbar Sonderkündigungsrecht des Kunden zur Folge hat.
Handeln ohne Zustimmung?
Bei einem meiner Provider war das leider nicht so. Ich erhielt eine Email, in der man die neue Virtualisierungslösung anpries und dass man wegen Erneuerung von Hardware meinen Server gerne migrieren würde. Das ist für mich Konjunktiv.
Das Problem war nur, dass ich diese Email eine Woche lang nicht zur Kenntnis genommen habe, weil Thunderbird der Meinung war, sie nicht anzeigen zu müssen. Alles halb so schlimm, könnte man meinen, die Nachricht war ja im Konjunktiv, und kein vernünftiger Provider würde einen Kundenserver nehmen, runterfahren, die Festplatte ausbauen, die Daten kopieren, auf ein Storage mit den Daten aller anderen Kunden legen…
Nun, genau das hat dieser Provider aber getan. Er hat nicht auf eine Antwort gewartet und einfach mal so die Festplatte ausgebaut und in einer Stunde Downtime die Daten kopiert.
Gemerkt habe ich es, weil Nagios gemeckert hat, dass der Server down ist.
Als ich nach etwas Suchen dann feststellte, dass mir Thunderbird Mails unterschlägt, fand ich nach einem Index-Rebuild auch die Email, die auf diese Migration „hinwies“, bzw. mich eigentlich darauf hinwies, dass man das gerne tun würde, dieses Migrieren
Was ist ‚Ausspähen von Daten‘?
Auf meine Email hin, dass ich hier einen Fall von „Ausspähen von Daten“ sehe und nicht damit einverstanden bin, dass man einfach meine Daten kopiert, erhielt ich dann gegen 16:09 eine Email, in der man mich fragt, ob ich mit einer Rückmigration auf die alte Hardware einverstanden sei. Diesmal war das sogar als Frage formuliert!
Lernresistent? Könnte man meinen.
Ja, nur leider sehe ich im Syslog, dass der Server um 17:05 und 17:10 rebootet. Es wurde wieder keine Antwort abgewartet – diesmal nicht mal eine Stunde lang – und es wurde erneut ohne Absprache mit den Daten hantiert. Die gehosteten Webseiten waren damit mal wieder nicht erreichbar. Und der Nameserver und Mailserver auf der Kiste auch nicht.
Dieser Zustand wurde leider auch 3 Stunden lang nicht besser. Obwohl ssh irgendwann wieder ging. Des Rätsels Lösung: Sie haben beim Rückmigrieren das Routing verbockt. Nach einer Email an die Notfall-Hotline war das aber dann wenigstens in Rekordzeit behoben – unter 10 Minuten.
got root?
Ich habe nach diesem Vorfall unmittelbar einen anderen Hoster gesucht.
Der neue Server war schließlich am Mittwoch einsatzbereit, im Verlauf des Tages habe ich dann einiges an Domains umziehen dürfen, darunter diverse CMS-Systeme, den Mailserver und den Nameserver für eine zweistellige Zahl an Domains und alle Nutzer und Kunden über die neuen IPs bzw. Nameserver informieren müssen, damit sie ihre DNS-Zonen ggf. anpassen.
finally?
Zwischendurch habe ich dann noch Kontakt zu einem Anwalt aufgenommen, um mir die rechtliche Situation mal ein bisschen genauer darlegen zu lassen.
Nun, die Kündigung beim Provider folgt zum 01.12.2010 – der alte Server ist nun endgültig platt. Genullt. Ob der Provider noch eine Kopie der Daten irgenwo im Backup hat – wer weiss….